Der Name «Lischer»

Woher der Name «Lischer» nun genau kommt, lässt sich wohl nicht sagen. Die Familiennamen entstanden in unserem Raum erst ab dem 12. Jahrhundert.

 Ob die Personen mit Lische arbeiteten, Lische sammelten, oder ob die sie auf einem Hof namens «Lisch…» wohnten?
Aber zuerst: Was ist Lische?

Lische, Liesch, Lisch…

Lische (oder Liesch, oder Lisch….) steht für ein Riedgras. Ein geringeres, gröberes, auf nassem Boden wachsendes Gras, als Futter für Pferde und Schafe, zur Streue und zur Füllung von Betten verwendet (Luzerner Namenbuch (LNB) 1, Seite 629, ausführlich auch im Schweizerischen Idiotikon, auch aus dem Solothurnischen Orts- und Flurnamenbuch auf dem Portal familiennamen.ch).

Im Idiotikon werden verschiedene Pflanzenarten erwähnt: Der Begriff wurde regional unterschiedlich für verschiedene Pflanzen verwendet. Vielleicht handelte es sich um die Zittergras-Segge (Carex Brizoides, wikipedia), sprachlich kämen auch Lieschgräser (wikipedia) in Frage. 

Die Waldpflanze Lische wurde direkt geerntet und verarbeitet (lesenswert: Samuel Wegmüller, Die Lische (Carex brizoides) – Eine im Oberaargau verbreitete Waldpflanze. In: Jahrbuch des Oberaargaus 2004, S. 101-111, online).

Oder sie wurde nach der Ernte direkt im Moos in einem Lischehus / Lischeschürli / Lischehüttli aufbewahrt.

Abbildung: Das Feuchtgebiet «Lischen» am Hasliberg BE: «Die in viele kleinste Parzellen aufgeteilte Fläche mit den «Lischenhüttli» ist ein besonders schönes Zeugnis der alten Kultur der Streuegewinnung. Die Fläche wird traditionell nur einmal im Jahr gemäht und das Schnittgut als Streue (Berndeutsch: Lische) genutzt». Das Gebiet wurde 2016 ausgezeichnet mit dem Kulturlandschaftspreis, es wird auch touristisch beworben. 

 

Ortsnamen in der Schweiz

Der Name findet sich in zahlreichen Luzerner Ortsnamen, zum Beispiel als:

  • Lisch (Grossdietwil)
  • Lischeweid / Lischen / Lischenacher / Lischenstrasse (Ebikon, LNB 3, S. 588f.)
  • Lischemösli (Kriens, LNB 4, S. 731)
  • Lischenweg (St. Urban und Pfaffnau)
  • Lischermatte (Buttisholz)
  • Lische (Rain)
  • Lischhasenbach (Escholzmatt, Name erloschen, LNB 1, S. 629)
  • Lischmatte (Langnau, Richenthal, Ufhusen)
  • Lischmatten (Ettiswil, Name erloschen, aus StALU ZG 1/24 S. 283,)
  • Lüschmatte (Rain)

auch in Gebäudebezeichnungen wie Äbnistette Lischehus (Hasle, LNB 1, S. 663), Angstlischehus (Hasle, LNB 1, S. 66),  Gwintmoos Lischeschürli (Flühli, LNB 1, S. 394) .

Zahlreiche «Lisch…»-Orte gibt es im Kanton Bern und den angrenzenden Kantonen (die Aufzählung hier basiert auf der Landeskarte, sie kann mit ortsnamen.ch ergänzt werden):

  • Lisch in Melchnau BE, Nunningen SO, Vordemwald AG (Lisch in Surses GR hat vermutlich eine andere Bedeutung). 
  • Lische in Diemtigen BE, Frutigen BE, Goms VS, Törbel VS,  (Lische in verschiedenen Tessiner Orten mit anderer Bedeutung). 
  • Lischen in Adelboden BE, Düdingen FR, Guttanen BE, Hasliberg BE, Innertkirchen BE, Lütschental BE,  Oberried am Brienzersee BE, Uebeschi BE (auch Lischern), Wattenwil BE. 
  • Lischenweg in Biel BE (auf französisch dann entsprechend als Chemin Des Fléoles), in Ulrichen im Obergoms VS und in Wattenwil BE. 
  • Lischer in Diemtigen BE, Lauterbrunnen BE.
  • Lischera in Bösingen FR, Gurmels FR, Plaffeien FR, Ueberstorf FR. 
  • Lischeren in Rüeggisberg BE.
  • Lischerli in Guggisberg BE, Innerkirchen BE, Ringgenberg BE, Schwarzenburg BE.
  • Lischern in Belp BE, Schwarzenburg BE.

Hilft das Familienwappen?

Das Familienwappen mit dem schwarzbedachten roten Haus hilft leider auch nicht weiter. Es entstand vermutlich erst im 20. Jahrhundert im Kanton Luzern und man benutzte dem Namen folgend ein stilisiertes «Lischenhüsli» (als Laie vermute ich, es steht im feuchten Gebiet, deshalb auf Pfählen). 

Abbildung: chgh.ch , identisch in der Sammlung des Staatsarchivs Luzern 

Lischer = Lüscher?

Im Gegensatz zum Familiennamen «Lischer», der fast nur im Kanton Luzern entstand, ist «Lüscher» vor allem ein Aargauer Geschlecht. Er entstand im südwestlichen (Berner) Aargau, ist heute aber im ganzen Schweizer Mittelland recht verbreitet.

In einer Radiosendung vermutete der Idiotikon-Redaktor Matthias Friedli 2020, dass es sich bei Lüscher wahrscheinlich um einen Herkunftsnamen zur Ortschaft Lüsch handelt. Lüsch ist ein Weiler in Schwarzenbach LU, an der Grenze zum Kanton Aargau. Deuten konnte er den Namen aber nicht.
Lüscher könne aber auch mit Lische (dem Gras) zu tun haben. Damit hätte es den gleichen Ursprung wie «Lischer». 

An verschiedenen Orten wird aber Lischer wie auch Lüscher auf denselben Ursprung zurückgeführt (J. K. Brechenmacher, Etymologisches Wörterbuch der Deutschen Familiennamen, 1957, Band 2, Seite 218; Ortsnamenbuch des Kantons Bern, I/3, Spalten 119-120).

 

Lischer in anderen Ländern und Bedeutungen

Der Familienname Lischer kommt auch in anderen Ländern vor. Teilweise könnte es sich da um Auswanderer aus der Schweiz handeln (dazu an anderem Ort mehr). 
Mehrheitlich wird es sich aber eher um zufällig ähnlich tönende Familiennamen handeln

Es gibt aber auch andere Herleitungen (Quelle) bei Namen mit Herkunft in Polen, Tschechien; Belarus, Ukraine, Weissrussland etc:
Polnisch: lis = Fuchs – lisek = Füchschen (ausführlich in: Digitales Familiennamenwörterbuch Deutschlands)
Tschechisch: liš / lišák / liška = Fuchs (š = [sch]) (zu Liska in: Digitales Familiennamenwörterbuch Deutschlands)
Sorbisch: Lischka (ausführlich in: Digitales Familiennamenwörterbuch Deutschlands)

Eine andere (kommerzielle) Quelle vermutet eine frühe Herkunft in Österreich und erwähnt zahlreiche Namensformen wie Lischer, Lisch, Lischke, Lischka, Lischeid, Lissek, Lissak, Litsch, Litscher, Litschke, Litschka, Litschko, Lischy, Liske, Lisko, Liskov, Liskow. Der Name komme vielleicht auch von Lisch in Holstein oder Lischau in Ostpreussen. Das Realste sind wohl die Kaffeetassen und Schlüsselanhänger mit Familienwappen 🙂

Sicher ist, dass der Name selten ist: Er liegt weltweit auf Platz 305’837 der Familiennamen.

 

Diese Seite zuletzt geändert: 2023-02-28