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Nachnutzung und Liquidation

Nachnutzung und Liquidation

Beim Kauf des Grundstücks Nr. 913 (rund 18'500 m2) samt den darauf stehenden 8 Gebäuden im August 1943 ging die Stadt davon aus, etwa 10'000m2 davon wieder verkaufen zu können, erhielt jedoch keine ausreichenden Angebote.1

Flüchtlinge, Internierungslager, Auffanglager

Das Chalet Marguerite und der Pavillon wurden ab September 1943 für die Unterbringung italienischer Flüchtlinge genutzt.2 1944 waren bis zu 158 Personen3 in diesem Auffanglager untergebracht und durch den Territorialdienst betreut.4

Nachdem die Stadt mit der Entschädigung nicht einverstanden war, ergaben sich  Verhandlungen mit den militärischen Behörden. Das Lager wurde Mitte Mai 1944 aufgehoben, die Gebäulichkeiten Ende Mai 1944 wieder der Stadt zurückgegeben, da sie für die Errichtung von Notwohnungen vorgesehen waren.5

Notwohnungen, Militärbehörden, Künstler

Der Pavillon und das Pensionsgebäude wurden ab Oktober 1944 durch den Divisions-Stab 8 genutzt.6

Berits 1942 wurde die Pension als möglicher Standort für Notwohnungen erwähnt, aber negativ beurteilt, das das Chalet Marguerite nur für den Sommerbetrieb eingerichtet sei.7 Ab September 1944 bis Mitte 1947 wurde das Chalet Marguerite für die Unterbringung obdachloser Familien in Notwohnungen benutzt. Im ersten Winter wurde es nur von 5 Familien genutzt, ab Mitte März wurde auch das ehemalige Theatergebäude genutzt, später der Pavillon, das Waschhaus und das Pensionsgebäude.8 In der «Freien Innerschweiz» wurde 1945 der Zustand dieser Wohnungen allerdings kritisch beurteilt,9 auch im Grossen Stadtrat wurde «unhaltbare Zustände» erwähnt.10

Ab 1952 bis 1960 wohnten im Pensionsgebäude verschiedene Künstler.

Liquidation des Mobiliars

Im Hinblick auf die Unterbringung von Flüchtlingen hatte man den Parkett-Boden abdecken lassen, Teile des Mobiliars ausgelagert und im Oktober 1943 ein detailliertes Inventar in allen Gebäuden erstellt. Es umfasste auf 30 Seiten Mobiliar, Wäsche, Vorhänge, Essbesteck, Geschirr, Glaswaren und weitere Ausstattung wie z.B. Ping-Pong-Tische.11

Im Mai 1944 sollte das gesamte Mobiliar verkauft werden. Nachdem in verschiedenen Zeitungen inseriert worden war, wurde an 4 Tagen vor Ort verkauft (nicht versteigert), durchgeführt durch einen externen Liquidator. Hotelsilber, Wolldecken, Wäsche, Betten konnte konnten vollständig verkauft werden. Damit  erzielte man einen Bruttoerlös über 78'000.-.12

Zeitungsinserat zum Abschluss der Mobiliar-Liquidation 1944 (in SALU B3.29/A174)

Nördlicher Teil des Grundstücks

Der Bau des Felsberg-Schulhauses wurde zügig in Angriff genommen, dauerte schlussendlich aber doch bis ins Jahr 1948.

(Entwurfs-)Modell des Schulhauses (SALU F2 PA 003.02.01)

Südlicher Teil des Grundstücks

Die Verhandlungen im Jahr 1943 mit der Pistor AG im Hinblick auf die Errichtung einer Bäckerfachschule im ehemaligen Pensionsgebäude und Kaufsrecht für das Chalet Mimi scheiterten an den unterschiedllichen Preisvorstellungen.13

Weitere Verkaufsverhandlungen mit Privaten scheiterten 1952, einerseits wegen unterschiedlicher Preisvorstellungen, andererseits weil der Stadtrat eher ein Terrassen-Restaurant vorsah.14

Im Februar 1954 beschloss der Stadtrat, die Liegenschaft Felsberg (d.h. etwa 4000m2 südlich der Felsbergstrasse) zum Verkauf auszuschreiben. Ein Vorschlag der Gebr. Amman & Co. wurde als «der Oertlichkeit zu wenig angepasst» abgelehnt. Darauf erstellte das Hochbauamt einen eigenen Vorschlag. Unter den verschiedenen Interessenten waren u.a. die Brauerei Eichhof und das Priesterseminar St. Beat. 15

Der Stadtrat bevorzugte die Brauerei Eichhof, vermutlich im Hinblick darauf, an der aussichtsreichen Lage ein Gartenrestaurant zu errichten. Man erkundigte sich beim Kanton, ob man das früher bestehende Wirtschaftspatent wieder aktivieren könnte. Der Regierungsrat wies darauf hin, dass auf Felsberg ein Hotel, aber nie ein öffentlicher Restaurationsbetrieb bestanden habe. Ein Patent für ein ruhiges Gartenrestaurant und ein Hotel mittlerer Grösse sei durchaus möglich, es sei aber mit Einsprachen der Anwohnerschaft zu rechnen.16 Die 1957 von der Brauerei Eichhof geforderte Bereinigung der Servitute konnte jedoch nicht mit allen der 30 Nachbarn erreicht werden. Die Brauerei verzichtete auf den Kauf.

Der südliche Teil dieses Grundstücks (anschliessend an die bestehende Dreilindenstrasse 23) wurde 1958 an den Fabrikanten Walter Schild verkauft. Dabei spielten auch erwartete Steuereinnahmen ein grosse Rolle...17

Plan zum Verkauf eine Grundstückteils an Walter Schild (in SALU B3.29/A174)

Im selben Jahr beschloss der Stadtrat, südlich der Felsbergstrasse kein Land mehr zu verkaufen und das ganze Gebiet in eine projektierte Parkanlage einzubeziehen.15

 

Diese Seite zuletzt geändert: 2024-03-13

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  1. Mugglin, S. 273[]
  2. SALU B3.29/A174, Flüchtlingslager[]
  3. über diese Personen ist kaum etwas bekannt. Möglicherweise gibt es Informationen im Tagebuch "Meine Lager" von Silvia Grunfeld, das in der Fondazione Centro Di Documentazione Ebraica Contemporanea im Mailand aufbewahrt ist. Silvia Grunfeld war 28.12.1943 bis 29.03.1944 im Chalet Marguerite.[]
  4. Bundesarchiv E27#1000/721#14538*, Bestandesrapporte über Internierte und Flüchtlinge, 1940-1946: Im Subdossier zu den Auffanglagern wird das Lager Felsberg (Luzern)  auf den Listen des Territorialdienstes erstmals 1944 erwähnt (für 1943 gibt es keine nach Lager aufgeschlüsselten Listen), am 8.1.1944: 158 Personen / 9.2.1944: 117 /  1.3.1944: 144 /  5.4.1944: 108 / 12.4.1944: 103 / 19.4.1944: 77 / 25.4.1944: 60 / 3.5.1944: 43,  am 10.5.1944 noch 18 Personen. In der Liste vom 19.5.1944 wird Felsberg letztmals erwähnt und als «aufgehoben» beschrieben. Für die Bewachung und Betreuung waren jeweils 8-22 Schweizer Soldatinnen und Soldaten eingesetzt.[]
  5. SALU B3.29/A174, Flüchtlingslager. Das Chalet Margrit soll schon 1942 für Notwohnungen vorgesehen gewesen sein, B+A 7.5.1942 erwähnt in Mugglin, Bodenpolitik S: 291, Fussnote 24[]
  6. SALU B3.29/A174, Notwohnungen[]
  7. Bericht zur Debatte des Luzerner Stadtrates vom 26.5.1942, in: Luzerner Tagblatt 27.05.1942, Erwähnung des Berichtes nochmals im Luzerner Tagblatt 3.2.1943[]
  8. B3.29/A174, Notwohnungen. Hier auch eine Liste der Mieter Ende 1945. Ein Teil des Ausbaus von Pavillon, Waschhaus und Pensionsgebäude wurde subventioniert, vgl. StALU A 1038/245[]
  9. Erwähnt im Kommentar im Luzerner Tagblatt 3.9.1945, das die freie, aussichtsreiche Lage lobt.[]
  10. Sitzung vom 25.2.1946, erwähnt im Luzerner Tagblatt 26.2.1946[]
  11. SALU B3.29/A174. Ein weiteres Inventar wurde 1943 im Hinblick auf den Verkauf des Pensionsgebäudes an Pistor erstellt.[]
  12. SALU B3.29/A174 Liquidation des Mobiliars. Vgl. auch Rapport des Kontrollbüros der Stadt Luzern mit der Bestätigung, dass es sich nur um gebrauchte Ware gehandelt hatte: StALU A 538/14096[]
  13. SALU B3.29/A174, Kaufinteressenten. Offenbar hatte es schon früher Verkaufsverhandlungen gegeben, doch wollte Pistor nicht das ganze Grundstück kaufen. Bei der Auswahl eines Standort 1943 lagen die Pension Richemont und die Pension Felsberg in der Endauswahl, Luzerner Tagblatt 10.2.1945[]
  14. SALU B3.29/A 151[]
  15. SALU B3.29/A174[][]
  16. STALU AKT 47/1642 und SALU B3.29/A174[]
  17. B3.29/A174[]
Kleine Welt auf dem Felsberg